beantwortet von unserem Experten Prof. Dr. med. Thomas Wobrock – Chefarzt des Zentrums für Seelische Gesundheit der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
Die meisten Demenzerkrankungen sind bisher nicht heilbar. Dennoch können mit einer fachgerechten Therapie die Begleitsymptome gelindert und der Krankheitsverlauf verzögert werden, z. B. die geistigen Fähigkeiten des Demenzkranken vorübergehend gebessert, die Verhaltens- und emotionalen Probleme verbessert und die Alltagskompetenzen über einen längeren Zeitraum erhalten werden.
Dabei stehen sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Therapien zur Verfügung.
Möglichkeiten der nicht-medikamentösen Behandlung:
Kunst- und Musiktherapie
Durch Klang- und Farberfahrungen werden alle Sinne des Demenzerkrankten angesprochen und durch positive Erfahrungen hiermit bessern sich oft psychische und Verhaltenssymptome.
Kinästhetik
Die Bewegungsfähigkeit wird auf die Bedürfnisse des Demenzkranken abgestimmt und mit dem Blick auf die alltäglichen Aktivitäten trainiert.
Verhaltenstherapie
Im frühen Stadium der Krankheit wird im Gespräch mit einem Psychologen oder Psychotherapeuten der Umgang mit der Demenz verarbeitet und positive Aktivitäten verstärkt.
Ergotherapie
Die Ergotherapie dient hier als Intervention zur Verbesserung und Stützung von Alltagsfunktionen und Handlungsfähigkeit mit dem Ziel der Verbesserung von Teilhabe und Lebensqualität im individuellen Alltag bei leichter bis mittelschwerer Demenz.
Milieutherapie
Unter Berücksichtigung der Vorlieben des Demenzkranken werden die Lebensräume individuell gestaltet, sodass er sich darin wohl und zu Hause fühlt.
Biografiearbeit
Durch eine gemeinsame Beschäftigung mit der Biografie des Betroffenen können positive Erinnerungen geweckt werden. Es kann den Pflegenden später auch helfen, das Verhalten des Betroffen zu verstehen und positiv zu beeinflussen.
Kognitives Training
Die noch vorhandenen geistigen Kompetenzen des Demenzkranken werden gezielt trainiert und gefördert.
Basale Stimulation
Anregung der Sinne mithilfe von Berührung, Gerüchen, Musik und Geschmack, insbesondere bei schwerer an Demenz Erkrankten.
Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung:
Antidementiva
Antidementiva sind Medikamente, welche die geistige Leistungsfähigkeit Betroffener länger erhalten sollen und einen positiven Einfluss auf Verhaltenssymptome ausüben, sie wirken in der Regel aber nur zeitbegrenzt.
Bisher werden zwei verschiedene Arten von Antidementiva eingesetzt.
Das Wirkprinzip der sogenannten Acetylcholinesterase-Hemmstoffe wie Donepezil, Rivastigmin oder Galantamin basiert auf der Hemmung des Enzyms, welches für den Abbau des Botenstoffs zwischen den Nervenzellen (Neurotransmitter) Acetylcholin verantwortlich ist. Der Botenstoff Acetylcholin ist für die Signalübertragung (Informationsübermittlung) im Gehirn zuständig, die dementsprechenden Nervenzellen dienen den Funktionen der Orientierung, Gedächtnisleistung, Konzentration und des Verhaltens. Bei Alzheimer-Patientinnen und Patienten wird Acetylcholin nicht mehr in ausreichender Menge produziert bzw. fehlt durch den Untergang acetylcholinhaltiger Nervenzellen. Dieser Mangel lässt sich im frühen bis mittleren Stadium der Krankheit durch Acetylcholinesterasehemmer einige Zeit ausgleichen.
Die Wirkung des Medikaments Memantin beruht auf einer sogenannten nichtkompetitiven Hemmung des NMDA-Rezeptors und damit einer Beeinflussung eines weiteren Botenstoffsytems (glutamaterges System) im Gehirn. Memantin ist wirksam auf das Denkvermögen, die Alltagsfunktion und den Gesamteindruck
bei Patienten mit mittlerer bis schwerer Alzheimer-Demenz. Es kann auch in Kombination mit Acetylcholinesterasehemmern eingesetzt werden oder dann, wenn diese bei mittlerer Demenz nicht vertragen werden.
Behandlung mit Antidepressiva
Im Vorfeld oder im Verlauf einer Demenzerkrankung können auch depressive Symptome wie Niedergeschlagenheit, Antriebsmangel und Freud- sowie Interesselosigkeit auftreten.
Antidepressiva sind Medikamente, die bestimmte Botenstoffe wie Serotonin und Noradrenalin im Gehirn beeinflussen. Sie können die Stimmung und den Antrieb von Patienten verbessern. Ob ein Antidepressivum und welches Medikament infrage kommt, muss der Arzt oder die Ärztin entscheiden.
Antidepressiva wie Sertralin oder Citalopram werden bisweilen auch zur Besserung von Unruhe und Agitiertheit eingesetzt (z. B. bei der frontotemporalen Demenz).
Behandlung mit Antipsychotika (Neuroleptika)
Neuroleptika sind Medikamente, die Unruhe und Wahnsymptome lindern können. Wegen zahlreicher Nebenwirkungen und des erhöhten Risikos für einen Herzinfarkt und für Schlaganfälle bei Demenzpatienten sollen sie nur sehr gezielt und zeitbegrenzt nach Ausschöpfung anderer (nichtmedikamentöser) Möglichkeiten eingesetzt werden. Manche Demenzkranke legen auch ein aggressives Verhalten an den Tag oder leiden unter Sinnestäuschungen. Auch dann ist der Einsatz von Neuroleptika sinnvoll. Antipsychotika unterdrücken diese Symptome, indem sie Rezeptoren für Dopamin blockieren, einem weiteren Botenstoff im Gehirn.
Weitere Literatur:
www.seniorplace.de
http://www.patientenleitlinien.de/Demenz/demenz.html