beantwortet von unserem Experten Prof. Dr. med. Thomas Wobrock – Chefarzt des Zentrums für Seelische Gesundheit der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
Unter einer Demenz wird eine Erkrankung des Gehirns verstanden, bei der ein zunehmender Abbau und Verlust kognitiver Funktionen (geistiger Leistungsfähigkeit) und der Alltagskompetenzen (Bewältigung des Alltags) im Vordergrund steht. Typisch sind dabei eine Verschlechterung der Gedächtnisleistungen, des Denkvermögens, der Lernleistung, der Sprache und des praktischen Geschicks, aber auch der Emotionalität, des Sozialverhaltens und des Antriebs. Eine Trübung des Bewusstseins, wie bei einem Delir, ist aber damit nicht verbunden. Die Veränderungen haben zur Folge, dass Menschen mit Demenz ihre alltäglichen Aufgaben nicht mehr ausführen können. Für die Diagnosestellung einer Demenz müssen die aufgeführten Symptome über mindestens 6 Monate bestanden haben.
Die zwei häufigsten Formen der Demenz (Alzheimer-Demenz und vaskuläre Demenz) werden nach der vermuteten Ursache der Nervenzellschädigung unterteilt.
Von rund einer Million Menschen in Deutschland sind ca. 700.000 Personen an einer Alzheimer Demenz erkrankt. Bei dieser Form der Demenz gehen in Bereichen des Gehirns allmählich Nervenzellen zugrunde, wobei die eigentliche Ursache (Ätiologie) noch unbekannt ist, aber die Erkrankung mit charakteristischen neuropathologischen (Bildung von sogenannte Plaques und Fibrillen) und neurochemischen Merkmalen (veränderte Eiweiße im Gehirn wie Amyloidablagerung und Bildung von Tauprotein) einhergeht.
Bei etwa 200.000 Demenzkranken in Deutschland wird das Gehirn durch Durchblutungsstörungen dauerhaft geschädigt, diese Erkrankung wird vaskuläre Demenz genannt.
Dabei existieren zwischen beiden Demenzformen auch Übergänge als sogenannte gemischte Demenz.
Daneben gibt es noch spezielle Demenzformen wie beispielsweise die frontotemporale Demenz oder die Lewy-Body-Demenz.
Erste Anzeichen für eine Demenz können sein:
Der Betroffene…
- vergisst häufiger Termine oder sucht nach Dingen
- hat Schwierigkeiten mit gewohnten Tätigkeiten
- wirkt unbesonnen im Umgang mit Finanzen
- zeigt deutliche Persönlichkeitsveränderungen
- wirkt oft unmotiviert, niedergeschlagen oder müde
- findet sich schwer in neuen Umgebungen zurecht
- vernachlässigt Hobbys oder den Freundeskreis
- streitet Fehler oder Irrtümer immer wieder ab
Ausmaß und Schweregrad der Demenz
In Abhängigkeit vom Ausmaß der Symptome kann eine Unterteilung des Schweregrads der Demenz vorgenommen werden. Im Folgenden sollen einige Beispiele für den fortlaufenden Schweregrad illustriert werden.
Leichte Demenz
Durch die nachlassende geistige Leistungsfähigkeit reagieren die Betroffenen oft launisch oder bedrückt. Da sie zunehmend auch längeren Gesprächen, Texten oder sogar Fernsehbeiträgen nicht mehr folgen können, lässt auch ihr Interesse am Alltagsgeschehen nach. Auch hat dies oft einen sozialen Rückzug zur Folge, damit diese Veränderungen, z. B. vom Freundeskreis, nicht wahrgenommen werden sollen.
Mittlere Demenz
Das Kurzzeitgedächtnis versagt zunehmend und nicht abgeschlossene Handlungen können im Haushalt mitunter gefährlich werden. Da Erinnerungen im Langzeitgedächtnis auch bei fortschreitender Demenz noch länger präsent sind, flüchten sich die Betroffenen in ihre Erfahrungen der Kindheit oder Jugend zurück. Bei einem Großteil der Demenzkranken lässt die Sprach- und Lesefähigkeit nach. Ein weiteres Symptom ist, dass die die Betroffenen Realität, Erinnerung und unwirkliche Ereignisse (z. B. eine Fernsehsendung) durcheinander bringen.
Schwere Demenz
Bei einer schweren Demenz ist dann auch das Langzeitgedächtnis schwer betroffen. In diesem Stadium erkennen die Betroffenen auch ihre nahen Angehörigen nicht mehr und verlieren vollständig den Bezug zu Zeit und Raum. Oft ist auch der Tages- und Nachtrhythmus gestört. Im Endstadium der Krankheit verliert der Demenzkranke die Kontrolle über seinen eigenen Körper, einfachste Handgriffe können nicht mehr selbst verrichtet werden.
Diagnose einer Demenz
Die genaue Einordnung einer Demenz und weitere Diagnostik sollte durch einen darin erfahrenen Arzt vorgenommen werden, am besten einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Facharzt für Neurologie. Behandelbare Ursachen eines dementiven Krankheitsbildes wie beispielsweise ein Vitaminmangel, eine Schilddrüsenerkrankung, einen sogenannten Normaldruck-Hydrozephalus (NPH) oder eine Hirnblutung (z. B. Subduralhämatom) sollten dabei berücksichtigt werden. Deswegen sind eine Reihe von Untersuchungen notwendig wie eine Blutabnahme, eine Bildgebung des Gehirns (cMRT oder CCT) und ggf. weitere spezielle Untersuchungen (z. B. des Nervenwassers oder Liquors). Auch eine neuropsychologische Testung zumindest mit Durchführung von Mini Mental Status Test und Uhrentest, ggf. DemTect und MoCA-Test sollte erfolgen.